Otto Max Johannes Jaekel (1904)

IV.

ÜBER EINEN TORPEDINIDEN UND ANDERE FISCHRESTE AUS DEM TERTIÄR VON KAMERUN

MIT 1 FIGUR IM TEXT.

Beiträge zur Geologie von Kamerun, 4: 289-291, 1 fig.

 

page 289 -291

 

Die wenigen in den Tuffen von Balangi am Mungo in Kamerun von Dr. Esch gefundenen Wirbeltierreste sind zwar nur unscheinbare Fischzähne, bieten aber doch insofern Interesse, als sie einerseits das tertiäre Alter der betreffenden Ablagerung außer Frage stellen und andererseits den ersten fossilen Torpedinidenzahn geliefert haben.

 

Torpedo Hilgendorfi n. sp.

 

Der vorliegende Zahn ist 10,5 mm hoch, an der breitesten Stelle der Basis in der Kieferaxe 9 mm lang, und von außen nach innen gemessen 5,5 mm dick. Er ist tiefbraun gefärbt, und läßt an dem glänzenden Schmelzüberzug die Krone von der schwach entwickelten Wurzel deutlich unterscheiden. Die Spitze ist, wie Figuren C und D erkennen lassen, mit doppelter Krümmung nach oben und hinten gerichtet, scharf zugespitzt und an den Seiten mit einem Kiel versehen. Nach unten verbreitert sich die Spitze rückwärts in zwei Platten, die flach auf gleich geformten nur wenig größeren Basalsockeln ruhen, nach vom in zwei zusammengedrückte, unten quer abgestutzte Zapfen, die unter das Niveau der übrigen Zahnunterfläche herunter rücken. Zwischen diesen »Lateralzapfen der Krone« zeigt sich noch eine schwache Vorwölbung vom in der Medianebene etwa im Niveau der hinteren Basalsockel (Fig. A und C).

 

Die in vier Zipfel ausgezogene Wurzel (Fig. B) ist außerordentlich niedrig, wie aus den Figuren C und D ersichtlich ist. Unter den hinteren Kronenplatten tritt sie nur als schmaler Sockel vor und von den vorderen Lateralzapfen wird sie ganz überzogen (Fig. D), so daß sie unter denselben nur von unten in kontinuierlichem Zusammenhang mit jenen hinteren Basalsockeln sichtbar wird.

 

Eine derartige Zahnform ist bisher noch nicht bekannt geworden, und meine Vermutung, daß dieselbe zu den bisher daraufhin noch nicht untersuchten Torpediniden gehören möchte, bestätigte sich vollkommen. Über die Zahnformen der Myliobatiden, Trygoniden, Rhinobatiden, Pristiden und Rajiden habe ich bereits an anderer Stelle (Die eozänen Selachier von Monte Bolca, ein Beitrag zur Stammesgeschichte der Wirbeltiere, Berlin 1894. Jul. Springer) das wichtigste zusammengestellt und füge dem l. c. pag. 91 über die Rajiden-Zähne Gesagten nur noch hinzu, daß bei den Zähnen der Männchen neben dem medianen äußeren Zapfen an der Kronenbasis gelegentlich die zwei seitlichen Höcker angedeutet sind, die bei den Torpediniden zu den beschriebenen großen Lateralzapfen auswachsen. Dadurch ist die morphogenetische Beziehung zwischen den Rajiden und Torpediniden auch in der Zahnform bestätigt. Immerhin ist der Unterschied zwischen spitzen Rajiden- und Torpediniden-Zähnen leicht kenntlich, insofern außen bei den Rajiden der mediane, bei den Torpediniden die seitlichen Basalzapfen der Krone stärker ausgeprägt sind, und ferner dadurch, daß bei den

 

 

Torpedo hilgendorfi (JAEKEL, 1904)

Fig. 1. Zahn von Torpedo Hilgendorfi Jaekel aus tertiärem Tuff von Balangi am Mungo in Kamerun.

A. von der Spitze

B. von der Kieferfläche aus

C. von außen (vorn)

D. von der Seite gesehen. Vergrößert 5:1.

 

Rajiden die hinteren Wurzelplatten in der Mediane rückwärts vortreten und konvergieren, die der Torpediniden aber nach hinten divergieren und durch eine breite Einbuchtung in der Mediane getrennt sind. Diese Unterschiede erklären sich dadurch, daß die spitzen Vorderzähne der Rajiden hintereinander, die Zähne der Torpediniden aber im Quincaux stehen und also vorn und hinten mit je 2 Zähnen verbunden sind.

 

Der Zahn von Torpedo Hilgendorfi den ich zu Ehren meines verehrten Kollegen am hiesigen zoologischen Museum benannt habe, kann als Typus spezialisierter Torpedozähne gelten, während Gattungen Narcine und Astrape noch den atavistischeren Rhinobatiden-Typus bewahrt haben. Die Zurechnung zur Gattung Torpedo scheint mir unbedenklich, weil sich hier durchaus ähnliche Zähne finden und die Möglichkeit, daß der fossile Zahn einem Subgenus lebender Torpediniden angehörte, aus der sonstigen Körperform in Ermangelung ihrer genaueren Kenntnis nicht zu begründen wäre.

 

Torpedo Hilgendorfi nimmt durch seine riesige Größe eine Ausnahmestellung unter den bisher bekannten Torpediniden ein. Seine Länge dürfte nach dem vorliegenden Zahn berechnet 2- 3 Meter betragen haben.

 

Da außer dem ganzen Skelett der Narcine Molini Jkl. aus dem Eozän von Bolca bisher nur einige schwer zu beurteilende fossile Wirbel auf Torpediniden bezogen wurden, so füllt der neue Fund eines unzweifelhaften Torpedinidenzahnes eine unerfreuliche Lücke der paläontologischen Überlieferung aus. Für älter als Tertiär wird man nach den bisherigen paläontologischen und anatomischen Daten die Torpediniden kaum halten können, und es ist überdies bemerkenswert, daß bisher aus dem älteren Tertiär nur Narcine sicher nachgewiesen ist, die nach den (Selachier von Bolca pag. 69 - 75) von mir zusammengestellten Gründen als ältester Torpedinidentypus anzusehen ist. Die starke Entwicklung der Zahnspitze unserer neuen Art entfernt diese morphogenetisch jedenfalls sehr weit von den mit stumpfen Zähnen versehenen Rhinobatiden und den ihnen darin nahestehenden Gattungen Narcine, Discopyge und Astrape. So erscheint es viel wahrscheinlicher, daß Torpedo Hilgendorfi dem jüngeren Tertiär angehörte.

 

Einige Myliobatiden-Zähne sind als solche sicher bestimmbar und erweisen sich als zweifellos tertiär. Einer derselben ist sehr lang gestreckt und etwas gebogen und gehört der Gattung Myliobatis s. str. oder Aetobatis, jedenfalls nicht der Gattung Promyliobatis Jkl. oder Rhinoptera Müll. (Zygobatis Ag.), also auch nicht den weniger spezialisierten Typen an. Auch dieser Umstand scheint mir für ein jungtertiäres Alter der betreffenden Spezies zu sprechen.

 

Ein lang kegelförmiges Fragment eines etwa 15 mm langen Teleostierzahnes ist nicht näher bestimmbar.

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References for Torpedo Hilgendorfi

Current status: Valid as: Eotorpedo hilgendorfi (References)